Bratwurst selber machen: Nach diesem Kurs gibt’s kein zurück mehr
Egal wie tief die Leidenschaft für gutes Fleisch und die Expertise am Grill reicht: Bei vielen Fleisch-Aficionados endet die Selbstverwirklichung am Grill beim Herstellen der eigenen Bratwurst. Das – so die landläufige Meinung – sei eine Aufgabe, die beim Metzger am allerbesten aufgehoben sei. Das ist auch nicht falsch – schließlich bereiten Metzger bereits seit Jahrhunderten herausragende Würste zu. Doch wäre es nicht bereichernd, diese Kunst auch selbst zu beherrschen – zumindest im Ansatz? Wir finden: Wer Herstellungsprozesse versteht und schon einmal selbst nachvollzogen hat, kann nicht nur zukünftig selbst tätig werden, nein: Ein Verständnis für die Komplexität der Wurstherstellung erhöht auch die Wertschätzung jener handwerklichen Arbeit, die Metzger tagtäglich verrichten. Worauf warten wir also? Unsere Mission: Wurst herstellen – leicht gemacht.
Lucki Maurers Kreation
Für diesen fast halbstündigen Wurstkurs, den Du im Video hier unten anschauen kannst, haben wir uns eine Koryphäe der handwerklichen Fleisch-Verarbeitung ins Boot geholt. Lucki Maurer züchtet auf seinem Hof im Bayerischen Wald nicht nur reinrassige Wagyu-Rinder – er beschäftigt sich darüber hinaus in selten erlebter Tiefe mit dem Lebensmittel Fleisch und all seinen Facetten – von wissenschaftlich kulinarisch bis zu tierethisch. Das ist auch der Grund, warum sich Lucki in unserem Wurstkurs für eine Bratwurst vom Reh entscheidet. „Es gibt kein artgerechteres Leben als das eines Rehs aus Ansitzjagd,“ sagt er. Dass man die Wurst in derselben Art und Weise auch mit allen anderen Fleischarten zubereiten kann (Schwein, Rind, Lamm…) steht dabei außer Frage. Entscheidend ist lediglich, dass die Zubereitungsschritte und Proportionen eingehalten werden, die Lucki im Video vorschlägt. Weiter unten behandeln wir mit euch noch einmal alle relevanten Tipps, die Lucki im Video aufgreift.
Bratwurst-Kurs mit Lucki Maurer im Video
Tipp 1: Wildfleisch in die Wurst
Warum kommen eigentlich immer nur Schwein, Rind und Lamm in die Wurst? Wildbratwürste sind in Deutschland noch massiv unterrepräsentiert – dabei spricht alles dafür, auf Wildbret zurückzugreifen, wenn die Wurst nicht nur delikat, sondern auch besonders nachhaltig werden soll. Rehbratwurst ist wohl der Gipfel der Nachhaltigkeit, denn hier wird neben der Komponente Wild als wohl freieste Form tierischen Lebens auch die Nose-to-Tail Philosophie berücksichtigt. In die Wurst kann fast jedes Teil eines Tiers, ob es nun zu den „Edelteilen“ gehört, oder nicht. Somit sind handwerklich erzeugte (Brat)würste per se eine der wichtigsten Komponenten, einen ganzheitlichen Umgang mit Fleisch zu pflegen.
Tipp 2: Fleisch „aktivieren“
Lucki wird nicht müde, das Aktivieren von Fleisch und Gemüse zu predigen. Was er damit meint? Ein frühzeitiges Würzen mit Salz und Zucker. Die Lösung, die dadurch rund um das Fleisch entsteht, sorgt durch Osmose für zwei Dinge: Geschmackloses Wasser tritt aus und Salz- und Zuckermoleküle dringen ins Innere ein. So wird von Anfang an der Geschmack von Lebensmitteln potenziert, noch bevor sie gegart werden. Diesen Trick aus der Schule von Luckis Lehrmeister Stefan Marquard nutzen mittlerweile viele Köche, um ihren Kreationen mehr Kraft einzuhauchen. Auch die Wurst profitiert massiv davon. Denn: Zuviel Wasser und zu wenig Geschmack schaden jeder Wurst.
Tipp 3: Die Bratwurst braucht Fett
Warum lieben so viele Menschen Bratwurst? Weil sie so herrlich vollmundig schmeckt, mit leichtem Schmelz und garantiert immer saftig. Doch woran liegt das? Mit Rehfleisch alleine würden wir hier nicht weit kommen. Eine gute Bratwurst braucht Fett – als Geschmacksträger und Saftigkeits-Spender. Wenn man nur mit Schweinefleisch arbeitet, ist meist ohnehin genügend Fett dabei, bei einer Wildbratwurst geben wir deshalb noch eine Portion Fett dazu. Wer Schwein gar nicht mag, kann sogar mit Sahne oder Avocado arbeiten, um Fett in die Masse einzuarbeiten.
Tipp 4: Das Verhältnis Fleisch zu Salz
Ob eine Wurst als Geschmackskomposition endgültig überzeugt, steht und fällt von der richtigen Dosierung des Salzes und dem Verhältnis zwischen Fleisch und salzender Würze. Luckis eiserne Regel dafür: Auf 1 KG Fleisch kommen 18 Gramm Salz. Anders formuliert lässt sich festhalten: 1,8% Salz gehören in jede Wurstmasse – nicht weniger und nicht mehr. Dann ist das Verhältnis aus Fleisch-Umami und Würzung perfekt ausbalanciert. Diese Grund-Aromatik trägt dann ideal alle weiteren Inhaltsstoffe, die – idealerweise – lediglich aus natürlichen Zutaten bestehen sollten. Ganz essentiell sind dabei die Gewürze.
Tipp 5: Das technische Setup für die Bratwurst
Wir grob das Fleisch gewolft wird und wie stark der Darm ausfällt, hängt vor allem von persönlichen Präferenzen und der weiteren Veredelungsstrategie ab. In unserem Fall sah das Setup wie folgt aus:
- Mittlere Scheibe beim Fleischwolf, mittelgrobe Wolfung
- Wurstfüll-Tülle: Kaliber 22
- Naturdarm Kaliber 22
Tipp 6: Gewürze anrösten
Egal ob man’s ganz klassisch oder doch exotisch wild bis weihnachtlich mag: Gewürze profitieren massiv, wenn sie vor dem Einarbeiten in die Wurstmasse angeröstet und noch heiß gemörsert werden. Der Duft, der dabei entsteht, lässt bereits erahnen, welch‘ enorme Ätherik sie in die Wurst hineintragen. Lucki verwendet in unserer Rehbratwurst eine Reihe von Klassikern wie Macis, Fenchelsamen, Koriandersamen und Piment, aber auch weihnachtlich angehauchte Gewürze wie Kardamom. On top gibt’s gehackte Pistazien, geriebene Schokolade (100% Kakao) und etwas Chili, die natürlich nicht angeröstet werden.
Tipp 7: Geile Beilagen – Rahmwirsing
Ganz ehrlich: Bei einer sensationellen und handgefertigten Bratwurst braucht’s wirklich nicht mehr viel drumrum. Lucki empfiehlt an dieser Stelle einen Rahmwirsing. Dazu wird der Wirsing von Strunk befreit und gehackt. Anschließend für 30 Minuten mit Salz und Zucker gewürzt ziehen lassen, kurz auspressen und dann mit etwas guter Butter in die Pfanne geben. Kurz durchschwenken, mit etwas angeschlagener Sahne aufgießen, 5 Minuten köcheln lassen und servieren. Ein grandioses Duett, das man anschließend noch mit etwas Senf und kaltgerührten Preiselbeeren vollenden kann. Die gibt’s übrigens auch bald bei uns auf dem Marktplatz zu kaufen.
Rehbratwurst
Zutaten
Wirsing
- 1 Wirsing
- 1 große Prise Salz
- 1 Prise Zucker
- 80 g Butter
- kalt gerührte Preiselbeeren optional
Rehbratwurst
- 1 Kilo Rehkeule
- 1 Kilo Schweineschulter
- 36 g Salz
- 12 Pimentkörner
- 6 Wachholderbeeren
- 4 Kardamomkapseln
- 3 Muskatblüten Macis
- 1 TL Anissamen
- 1 TL Fenchelsaat
- 1 TL Koriandersaat
- 2 EL Pistazien
- 1 Chili
- 50 g hochwertige Zartbitterschokolade mit hohem Kakaoanteil
Anleitungen
Wirsing - Vorbereitung
- Die einzelnen Wirsingblätter vom Strunk befreien und in dünne Streifen schneiden.
- Mit Salz und Zucker verkneten und mindestens eine halbe Stunde ziehen lassen.
Rehbratwurst
- Das Fleisch von Knochen und Sehnen befreien und in grobe Stücke schneiden - anschließend salzen und durch den Fleischwolf mit mittlerer Lochscheibe drehen.
- Danach die Gewürzsaat trocken in einer Pfanne rösten und möglichst im warmen Zustand mörsern.
- Im Anschluss die Pistazien und Chili (wahlweise mit oder ohne Kerne) fein hacken und die Schokolade fein raspeln - alles zusammen mit der Gewürzmischung nach und nach zur Wurstmasse geben (lieber noch einmal nachwürzen und zwischendurch abschmecken, als überdosieren) .
- Die Wurstmasse für einige Minuten von Hand kneten und dabei die Gewürze einarbeiten, bis eine leichte Bindung entstanden ist.
- Das portionsweise Wurstbrät mit Schwung in den Wurstfüller geben (um möglichst wenig Luft in der Masse und später in den Würsten zu haben).
- Zum Schluss alles ohne Luftblasen (falls doch welche entstehen, können diese noch vor dem Braten aufgestochen werden) in den gesäuberten Wurstdarm füllen, die Enden fest verknoten und in einzelne Würste abdrehen.
- Vor dem Braten sollten die Würste noch eine halbe Stunde in der Kühlung abhängen.
Rahmwirsing
- Die Butter in der Pfanne schmelzen (gern auch leicht anbräunen) und den Wirsing hineingeben - kurz Temperatur nehmen lassen (nicht durchgaren!), um ihn dann mit geschlagener Sahne abzurunden.
- Parallel in einer zweiten Pfanne die Würste mit etwas Öl anbraten - alternativ auf den Grill werfen.
Autorin – Isabella Wenzel
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Wo bleibt der Majoran in der Bratwurst?
Moin Manfred! In diesem Fall hat Lucki drauf verzichtet, sind ja schon so viele andere Aromen drin – da braucht’s den Majoran nicht mehr dringend. Aber kannst du natürlich jederzeit ergänzen und abwandeln.
Liebe Grüße, Dein Fleischglück-Team
Guude aus Darmstadt,
Keine Frage, diese Gewürz-Variante ist mir als Jäger neu und es macht neugierig.
Mir fehlt trotz allem mal eine ca-Mengenangabe der Gewürze / kg.
Mit 18g Salz/kg komm ich nicht weit.
Tschöö, kalloins
Hey Kalloins! Wir versprechen da noch genauer zu werden – haben das schon mit Lucki geklärt!
Liebe Grüße,
David von Fleischglück
Hmm. Ich hab das mal versucht. So grob nach Bild wie im Video. Schade um die 5 kg. Rehfleisch die komplett für die Tonne verwürzt waren. Wenn ihr da keine genaueren Angaben dazu macht wird das nix. Grad bei einigen der Gewürze machen scheinbar einige Gramm pro kg sehr viel aus…. Aber dachte weil Lücke das so macht wird es wohl gut. Na ja, vielleicht wird es ja noch besser.
Hallo Chris,
das tut uns natürlich leid und sollte so nicht laufen. Damit in Zukunft nichts mehr schief gehen kann, haben wir das Rezept zum Video noch einmal konkretisiert und im Artikel ergänzt.
Liebe Grüße vom Fleischglück-Team
Servus,
gibt es es irgendwoe die Mengenverhältnisse der Zutaten? Salz erklärt sich von selbst, jedoch bei tu ich mich bei den Pistazzien und den anderen Gewürzen etwas schwer. Danke für Antworten!
Hallo Philipp,
wir haben das Rezept mit groben Mengenangaben zum Video noch einmal in Textform im Artikel ergänzt.
Viele Grüße!
Moin aus‘m Norden,
gibt es immer noch keine genaueren Mengenangaben zu den Gewürzen ?
würde liebend gern das Rezept mal ausprobieren …
viele Grüße
Moin zurück!
Auf Nachfrage hat uns Lucki gesagt, dass er das selbst nicht grammgenau abwiegt. Sprich: Mehr als die Aufnahmen aus dem Video können wir euch aktuell nicht geben als Anhaltspunkt. Das tut uns Leid und wir versprechen, ab jetzt immer genau mitzunotieren.
Liebe Grüße,
David von Fleischglück
Moin, hab das Rezept für die Wurst fast 1:1 wie beschrieben umgesetzt.
Was soll ich sagen, die Zutaten sind überschaubar und recht einfach zu besorgen.
Highlight bei der Gewürtzmischung ist tatsächlich das rösten und mörsern, einfach nur geil.
Das Ergebnis ist ein absoluter Traum.
Der Duft beim anbraten der Wurst in der Pfanne ist eigentlich zu schade für die Abluft, aber das ist halt leben am Limit.
Perfektes Rezept, und ein mega Ergebnis.
Das ist wie Plätzchen backen, nur geiler…
Hi Christian,
was für eine geniale Beschreibung deines Kocherlebnis!
Wir finden auch, den Duft beim Rösten müsste man in Flaschen abfüllen können. 😉
Viele Grüße vom Fleischglück-Team
[…] Einen kleinen Exkurs zur hauseigenen Wurstherstellung haben wir euch bereits in der Vergangenheit hier gegeben. Schließlich weis man nur was wirklich in der Wurst drin steckt, wenn man sie selbst […]