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Fleisch richtig einfrieren – Versuchsreihe zur Bestimmung des Qualitätsverlustes

Fleisch richtig einfrieren – Versuchsreihe zur Bestimmung des Qualitätsverlustes

Selbstredend ist Frischfleisch immer unangefochten auf Platz 1 beim Einkauf. Doch ist es auch immer die beste Wahl? Und wie frisch ist ein Steak noch, wenn es bereits einige Tage in der Auslage verbracht hat? Lässt man sich diese Fragen einmal genauer durch den Kopf gehen, erscheint das tiefgefrorene Fleisch plötzlich gar nicht mehr so unattraktiv. Aber nimmt man hier nicht einen erheblichen Qualitätsverlust in Kauf? All diese und noch viele weitere Fragen möchten wir heute zusammen mit unserem Fleischexperten David Pietralla in einer kleinen Versuchsreihe rund um das Einfrieren von Fleisch klären.

Was versteht man unter Qualitätsverlust beim Einfrieren von Fleisch?

Kommt tiefgefrorenes Fleisch auf den Tisch, ist er sofort in aller Munde – der Qualitätsverlust. Doch was ist damit überhaupt konkret gemeint? Ein erstklassiges Steak verliert nicht automatisch an Geschmack und Güte, nur weil es eingefroren war. Doch je nachdem wie schnell ihm die Temperatur entzogen, wie lange es im Froster gelagert und auf welche Art und Weise es wieder aufgetaut wurde, kann es zu einem erheblichen Wasserverlust kommen. Dieser hat unweigerlich eine fehlende Sukkulenz und ein schnelleres Austrocknen beim Braten zur Folge. Darum ist beim richtigen Einfrieren vor allem die Zeit ein entscheidender Faktor für den Erhalt der guten Qualität unseres Fleisches.

Welche Prozesse laufen beim Einfrieren im Fleisch ab?

Was genau passiert mit dem Fleisch und seinen Bestandteilen, wenn es eingefroren wird? Während sich die Temperatur um und im Fleisch zunehmend verringert, wird das in den Zellen enthaltene Wasser nach und nach zu Eis. Gleichzeitig wird der Reifungsprozess des Fleisches entschleunigt. Denn auch während der Tiefkühlphase laufen die enzymatischen Prozesse, wenn auch nur sehr langsam, weiter.

Entscheidend für den oben genannten Qualitätsverlust, ist im Endeffekt die Größe der sich bildenden Eiskristalle. Läuft der Prozess des Frostens nur sehr langsam und gemächlich ab, entstehen auch umso größere Kristalle. Dies hat zur Folge, dass die Fleischstruktur von innen heraus förmlich in Zeitlupe gesprengt wird. Das gefrorene Wasser in den Zellen dehnt sich zunehmend aus und bringt die Zellwände an die Grenze ihrer Belastbarkeit. Beim späteren Auftauen, können diese das Wasser nicht mehr halten und Flüssigkeit tritt aus dem Fleisch aus.

Drei Steaks im direkten Vergleich

Um die Unterschiede bei der Lagerung unserer Steaks noch einmal zu verdeutlichen, haben wir ein kleines Experiment gewagt. Drei ähnlich große Steaks wurden auf verschiedene Weise gelagert und im Anschluss bei gleicher Temperatur schonend aufgetaut, um sie final anzubraten und natürlich einer Verkostung zu unterziehen.

  • Kühlschranklagerung: Unser Frischfleisch wird naturbelassen im Vakuumbeutel gekühlt zwischen 1°C und 2°C.
  • langsames Einfrieren: Das zweite Steak wird wie zu Hause üblich ebenfalls vakuumiert und ohne zusätzliche Hilfsmittel langsam im Gefrierfach (oder in unserem Fall im Kühlhaus bei -24°C in einer leicht geöffneten Styroporbox, um eine haushaltsnahe Situation zu simulieren) eingefroren.
  • Schockfrosten: Im dritten Versuchsaufbau entziehen wir dem Steak im Vakuumbeutel möglichst schnell die Temperatur mit um die -200°C kaltem Stickstoff – im Anschluss wird es über Nacht im Gefrierschrank aufbewahrt.

Doch wozu all der Aufwand? Wir möchten den tatsächlichen Wasserverlust sichtbar machen. Hierfür wurden vorab alle drei Steaks gewogen. Ein erneutes Wiegen erfolgt nach dem Auftauen und Garen, um die ausgetretene Flüssigkeit prozentual zum Gewicht der Fleischstücke abzumessen. Gegart und gleichzeitig aufgetaut werden alle drei Steaks möglichst schonend im Wasserbad bei 54°C im Sous-vide-Verfahren für rund zwei Stunden. Die Auflösung seht ihr im Video!

David Pietralla arbeitet im Video mit dem Termapen* um die optimalen Temperaturen immer im Blick zu haben. 

Worauf sollte man beim Einfrieren zu Hause achten?

Der Einsatz von Stickstoff ist selbstverständlich alles andere als alltagstauglich. Und nicht jeder hat ein Kühlhaus wie im Gastrobereich daheim. Doch auch mit einem herkömmlichen Gefrierschrank lässt sich bereits viel optimieren. Wir haben einmal die Tipps von unserem Profi für euch zusammengefasst:

  • den Tiefkühler vorab so kalt wie möglich einstellen
  • das Fleisch vor dem Einfrieren im Vakuumbeutel luftdicht versiegeln – das verlangsamt die Arbeit der Enzyme zusätzlich
  • einzelne Fleischstücke von oben und unten mit einem bereits gefrorenen Kühlakku präparieren
  • keine zu großen Mengen als ganzes Stück einfrieren, da der Gefrierprozess hier viel zu lang dauert
  • nicht zu lang im Tiefkühler lagern – Rindfleisch maximal bis zu 10 Monate und Schweinefleisch maximal bis zu 6 Monate

Kann man den Unterschied nach dem Braten noch schmecken?

Rein optisch ist erst einmal kaum ein Unterschied zwischen allen drei Steaks erkennbar. Doch wie machen sich die verschiedenen Methoden geschmacklich bemerkbar? Wir nehmen euch die Antwort direkt einmal vorweg. Es ist selbst mit einem gut geschulten Gaumen kaum möglich, einen so deutlichen Kontrast zwischen dem frischen, langsam eingefrorenen und schockgefrosteten Steak zu erschmecken. Vergleicht man direkt das Frischfleisch mit dem herkömmlich eingefrorenen Steak, ist ein leichter Verlust der Sukkulenz bei letzterem erkennbar. Doch letztlich sprechen wir hier von marginalen Differenzen.

Fazit zu unserer Versuchsreihe

Es ist ein kleiner, aber dennoch deutlicher Unterschied bei den verschiedenen Herangehensweisen erkennbar. Natürlich bleibt Frischfleisch unangefochten an der Spitze. Doch bevor man sein Steak verderben lässt, oder Aufgrund von saisonaler Verfügbarkeit ganz darauf verzichten muss, ist die tiefgefrorene Version durchaus eine gute Alternative. Besonders, weil es im Vergleich zu lang in der Kühlung gelagerten Fleisch, optimalerweise zum perfekten Zeitpunkt in der Reifung verlangsamt oder gar unterbrochen und so konserviert wurde.

Dafür braucht man auch gar nicht zwangsläufig einen persönlichen Stickstofflieferanten – der ein oder andere oben genannte Trick, kann schon viel zum Erhalt der Fleischqualität beim Einfrieren beitragen. Letztlich überwiegen die Vorzüge also deutlich gegenüber den minimalen Nachteilen. Denkt daran, wenn ihr beim nächsten Mal vor der Entscheidung zwischen einem eventuell überlagerten frischen Stück Fleisch und einem tiefgefrorenen Exemplar steht.

Habt ihr noch mehr Fragen rund um das Thema Fleisch einfrieren? Dann schreibt sie direkt unten in die Kommentarspalte und wir versuchen sie für euch zu aufzulösen.

 

Autorin – Isabella Wenzel

 

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