Lammfleisch-Exkursion
Das Schaf gehört zu den ältesten häuslichen Nutztierrassen der Menschheit. Seit Jahrtausenden gilt es basierend auf der jüdischen Religion als Opfertier. Weltweit gibt es inzwischen über 500 verschiedene Züchtungen – davon sind allein um die 50 Schafrassen in Deutschland gelistet. Die Urform des Schafes, das Mufflon stammt aus Anatolien, woher auch die ersten Aufzeichnungen über die Domestizierung der Wildtiere stammt. Inzwischen sind die Tiere über den gesamtem Globus verbreitet. Etwa 1,7 Millionen davon werden allein bei uns in Deutschland gehalten. Grund genug für uns das Thema einmal genauer zu beleuchten und die wichtigsten Fragen rund um unser Lammfleisch zu klären.
Wo liegen die Unterschiede zwischen Lamm & Schaf?
Die Differenzierung von Lamm und Schaf kann man gut mit der von Kalb und Rind vergleichen. Es wird zwischen Jungtieren und Erwachsenen unterschieden. Ein Lamm wird in der Regel etwa ein Jahr alt – mit Ausnahme der 6-monatigen Milchlämmchen, welche sich noch ausschließlich von Muttermilch ernähren. Diese Ernährung sorgt für ein helles, zartes Fleisch, während die älteren Lämmer eher zu einer kräftig, dunklen Rosafärbung neigen.
Der Oberbegriff Schaf gilt für die älteren und erwachsenen Tiere – meist sind im Herdenbverbund damit aber speziell die Mutterschafe gemeint. Die kastrierten männlichen Schafe werden wiederum als Hammel bezeichnet und die unkastrierten Männchen als Bock. Mit zunehmenden Alter wird das Fleisch der Tiere intensiver im Geschmack und fester was die Struktur betrifft. Besonders das der männlichen Schlachttiere ist stärker ausgeprägt im Geruch und oftmals sehr zäh. Deshalb wird im Handel mittlerweile überwiegend Lammfleisch angeboten – vereinzelt findet sich in der Gastronomie auch das Fleisch der älteren Tiere in Verwendung.
Vorurteile gegenüber Lammfleisch
Leider ist das rosige Fleisch der Tiere nach wie vor mit einigen Klischees behaftet, die es nur schwer los wird. Eines von ihnen, ist der strenge Geschmack nach Stall, begleitet von einem unangenehmen Geruch. Vor einigen Jahren trafen diese Punkte auch noch durchaus zu – damals wurden bevorzugt zweijährige, oder ältere Schafe geschlachtet. Durch sie prägte sich die starke Abneigung. Doch heutzutage finden fast ausschließlich Jungtiere den Weg auf den Fleischmarkt.
Da es sich aber nach wie vor um ein Naturprodukt handelt, kann je nach Herkunft, Alter und Aufzucht des Tieres dennoch ein ausgeprägteres Aroma durchaus vorkommen. Aber das ist noch lange kein Grund gleich dem Genuss von Lamm abzuschwören. Mit ein paar Tricks und Kniffen, lässt sich dem entgegen wirken:
- Fleischreifung – wie beim Rind werden die Muskelfasern beim Abhängen unter kontrollierten Bedingungen mit der Zeit zarter
- Fett entfernen – der Geschmacksträger trägt den typischen Eigengeschmack am stärksten in sich und kann für ein milderes Aroma entfernt werden
- Temperatur – Lammfleisch ist bei der Zubereitung besonders hitzeempfindlich und sollte deshalb nicht über 140°C garen
Welche Rassen werden vorwiegend in Deutschland gezüchtet?
Ähnlich wie bei der Rinderzucht werden die einzelnen Rassen vordergründig nach ihren Nutzungseigenschaften unterschieden. Deshalb wird grob in Milch-, Fleischschaf und Wollschaf unterteilt. Dabei werden die Schafe aber dennoch als Zwei- bis Dreinutzungsrassen gehalten. Eine weitere Parallele zu den Rinderrassen, ist die Entwicklung der Rassen im Laufe der Zeit. Mit Fokus auf die Effizienz in der Milch- und Fleischgewinnung wurden die alten Rassen gezielt weiterentwickelt, aber somit auch intensiver in der Pflege. Gegenüber den robusten Altrassen sind die moderneren Züchtungen anfälliger für Krankheiten und weniger anpassungsfähig in der Haltung. Wir wollen einen kleinen Überblick der verbliebenen deutschen Schafrassen geben und auch die in Deutschland am meisten verbreiteten Rassen vorstellen.
Robuste alte Rassen
Heutzutage dienen die Robustrassen hauptsächlich der Selbstversorgung oder Hobbyhaltung und geraten zunehmend in Vergessenheit, während neuere Rassen auf einen hohen Ertrag abzielen. Die Folge – alte deutsche Schafrassen sterben nach und nach aus, weshalb die meisten inzwischen auf der Roten Liste gefährdeter Haustierrassen stehen.
- Bentheimer & Pommersches Landschaf
- Bergschaf
- Coburger Fuchsschaf
- Heid- und Moorschnucke
- Leineschaf
- Rhönschaf
Milchschafe
Das vordergründige Zuchtziel ist bei der Milchschafzucht die hohe Milchleistung der Tiere. Außerdem sind gute Muttereigenschaften und Mehrlingsgeburten erwünscht. Selbst bei den Zwei- und Dreinutzungstieren steht die Milchproduktion nur an sekundärer Stelle gegenüber der Fleischgewinnung.
- Ostfriesisches Milchschaf (deutsch)
- Schwarzbraunes Milchschaf (deutsch)
- Lacaune (südfranzösisch)
Fleischschafrassen
Hier liegt der Schwerpunkt neben der guten Fleischqualität, auf einer möglichst großen Schlachtausbeute (vor allem bei der britischen Hausschafrasse Suffolk gegeben). Die Tiere haben eine stark ausgeprägte Muskulatur. Bevorzugt wird ein mageres Fleisch, mit einem feinen, nicht zu dominanten Geschmack.
- Schwarzköpfiges & Weissköpfiges Fleischschaf (deutsch)
- Charollais (französisch)
- Dorper (südafrikanisch)
- Hampshire (britisch)
- Merino (nordafrikanisch)
- Suffolk (britisch)
- Texel (niederländisch)
- Zwartbles (niederländisch)
Wollschafe
Eine reine Nutzung zur Wollgewinnung wird in Deutschland nur noch selten betrieben. Die Haare der Tiere fallen eher als Nebenprodukt an, da der Wollverkauf weniger ertragreich ist als die Milch- oder Fleischerzeugung. Die Kosten für Schur und Vermarktung stehen also auf dem deutschen Markt in keiner Relation zum Ertrag. Zudem stammt die Wollqualität wie wir sie kennen und bevorzugen, häufig von Schafrassen aus dem Ausland. Das populärste Beispiel hierfür ist das Merinoschaf, welches hierzulande mittlerweile mit drei Arten (Merinolandschaf, Merinofleischschaf und Merinolangwollschaf) vertreten ist.
- Kärntner Brillenschaf (deutsch)
- Nolana/Braunes Haarschaf (deutsch)
- Kamerunschaf (afrikanisch)
- Merino (nordafrikanisch)
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Formen der Schafzucht
Wie jedes Nutztier sind auch Schafe in erster Linie Wildtiere die von uns an die Bedürfnisse des Menschen angepasst wurden. Auf den ersten Blick gehören Schafe zu den eher anspruchslosen Zuchttieren. Dennoch erfordert die Aufzucht der Tiere viel Erfahrung und Geduld. Dabei kann man grundsätzlich zwischen Stall- und Weidehaltung unterscheiden. Gewisse Grundlagen sollten man bei allen Haltungsformen aber nicht außer Acht lassen:
- Nutzungsschwerpunkt
- klimatische Bedingungen
- Platzbedarf
- Zeitaufwand
Stallhaltung
Je nach Rasse und geografischer Lage ist eine Haltung der ursprünglichen Weidetiere im Freien nicht ganzjährig umsetzbar. Weniger robuste und anpassungsfähige Schafarten hält man deshalb aus wirtschaftlichen Gründen in Laufställen. Dort können die Schafe zumindest ihr arttypisches Herdenverhalten ausleben und ihrem Bewegungsdrang nachgehen. Eine kühle und trockene Umgebung mit ausreichend Stroh ist dafür optimal. Und selbst in den kalten Wintermonaten ist ein Auslauf ins Freie unerlässlich.
Weidehaltung
Bei der reinen Weidehaltung können die Tiere angepasst an ihre charakteristischen Rasseneigenschaften auf den verschiedensten Standorten gehalten werden. Die bewegungsfreudigen Schafe benötigen viel Platz und suchen sich ihr Futter am liebsten selbst. Die Wiederkäuer decken mit einer Vielzahl an Gräsern und Sträuchern ihren enorm hohen Energiebedarf. Deshalb kommen Standweiden nur verbunden mit einem hohen Aufwand in Frage. Wesentlich komfortabler ist hingegeben eine Umtriebweide für Schaf und Züchter. Hierbei steht immer nur ein kleiner Teil der Fläche zum Abgrasen frei, während die übrigen nachwachsen und sich regenerieren können. Allerdings muss in regelmäßigen Abständen das Vieh umgetrieben und die Zäune neu gesteckt werden.
Wanderschafhaltung
Die Wanderschafhaltung gilt als ökologisch nachhaltigste Form der Schafzucht. Durch die ausgedehnte Form der Schafbeweidung wird die biologische Vielfalt unterstützt. Doch sie zählt durch die von den Jahreszeiten geprägten Wanderungen auch zu den zeitintensivsten Haltungsarten. Die Schäfer ziehen das gesamte Jahr hindurch mit den Schafen von einer potentiellen Futterfläche zur Nächsten. Eine romantische Vorstellung, die aber strengen Auflagen unterliegt. An den Ankunftszielen muss immer für eine ausreichende Weidefläche gesorgt sein und nicht überall sind die Wanderschäfer mit ihren Herden gern gesehene Gäste. Leider werden in Deutschland nur noch wenige Schäfereien auf diese Art betrieben. Der Großteil arbeitet standortgebunden auf fest eingetragenen Pachtflächen. Einer der verbliebenen Schäfer der die Tradition am Leben erhält ist Sven de Vries – in unserem Podcast berichtet er über das Leben mit der Schafherde.
Welche Stücke vom Lamm werden bevorzugt?
Früher wurde das Fleisch der Lämmer als saisonales Produkt ausschließlich im Frühjahr um die Osterzeit herum angeboten. Der Grund war dass zu diesem Zeitpunkt des Jahres perfekte Schlachtalter der Tiere. Inzwischen kann man das Fleisch aber auch ganzjährig erwerben. Doch welche Teile vom Lamm findet man in der Auslage beim Metzger?
Ein Tier hat nach der Schlachtung bekanntlich mehr als nur die edlen Filetstücke zu bieten. Dennoch ist besonders bei Lammfleisch die Auswahl an Teilstücken eher überschaubar. Denn im Gegensatz zum Rind wird das Schaf lediglich in drei Hauptabschnitte unterteilt, hinter denen sich die jeweiligen Teilstücke verbergen:
Aus dem Vorderviertel stammen die stärker beanspruchten Partien, aus denen sich Schmorgerichte wie Ragout, Gulasch und Braten zubereiten lassen:
- Vorderhaxen
- Vorderviertel mit und ohne Knochen
- Schulter
- Brust
Der Lammrücken wird im Ganzen oder in einzelnen Zuschnitten angeboten:
- Filet
- Lachse
- Karree/Krone
- Kotelett/Kamm
- T-Bone
- Rücken ganz oder halbiert
Das Hinterviertel ist der fleischigste Teil vom Schlachttier und bietet somit perfektes Steakmaterial:
- Keule mit und ohne Knochen
- Scheiben von der Keule
- Hüftsteaks
- Hinterhaxen
Weniger verbreitet ist die Zubereitung von Hals und Bauch vom Lammfleisch – vermutlich wegen des hohen Fettanteils im Muskelgewebe. Für uns sind die beiden aromatischen Stücke die perfekte Basis für Eintöpfe, Rollbraten und mit etwas Erfahrung auch saftiges Grillfleisch.
Zu unseren liebsten Gerichten vom Lamm gehört übrigens dieses rosa gebratene Lammkarree von Lucki. Und wer es lieber geschmort möchte, kommt bei dieser butterzarten Lammhaxe voll und ganz auf seine Kosten! yo
Autorin – Isabella Wenzel
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