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Die Maillard-Reaktion: Das Geheimnis der perfekten Kruste

Die Maillard-Reaktion: Das Geheimnis der perfekten Kruste

Die Maillard-Reaktion hat in den vergangenen Jahren eine ganze Branche aus dem Nichts emporschießen lassen. Die perfekte Kruste am Steak stets im Visier hat sich ein eigenständiger Markt rund um die Erzeugung von Röstaromen entwickelt. Sei es nun Beefer, Otto Wilde oder ein anderes Gerät Typ „Oberhitzegrill“ – dutzende Hersteller aus allen Preissegmenten haben sich auf die Fahne geschrieben, in möglichst kurzer Zeit möglichst viel Hitze ans Fleisch zu transportieren. Und egal ob sie nun 800 oder 900 Grad erzeugen, ob mittels Infrarotstrahlung reflektierender Keramikplatten oder rein elektrisch – sie alle machen sich eine chemische Reaktion zu Nutze, die bereits bei 140 Grad und trockener Hitze einsetzt: Die Maillard-Reaktion. Höchste Zeit, sich dieser kulinarisch bedeutsamen Reaktion in angemessener Ausführlichkeit zu widmen. Was passiert auf chemischer Ebene? Welche Faktoren beeinflussen ihren Ablauf? Wie kann ich sie möglichst effizient für mich arbeiten lassen? Dieser Artikel liefert Antworten.

Was läuft bei der Maillard-Reaktion auf chemischer Ebene ab?

Um einen kurzen Exkurs ins Feld der Chemie kommt man nicht herum, will man die Maillard-Reaktion auf allen Ebenen verstehen. Die stark verkürzte aber chemisch korrekte Erklärung für die Bräunung an der Außenseite eines Steaks lautet: Die Maillard-Reaktion ist eine Bräunungsreaktion, die nicht auf enzymatischen Prozessen beruht. Unter Hitzeeinwirkung werden Aminosäuren und reduzierende Zucker zu neuen Verbindungen umgewandelt, unter Abspaltung von Wasser. Das Endprodukt sind sogenannte Melanoidine, die das typische Aroma von Gebackenem, Gebratenem oder Geröstetem ausmachen. Unter Grillern wird die Maillard-Reaktion oft als Synonym für die Karamellisierung verwendet, was falsch ist. Beide Prozesse haben nichts miteinander zu tun, können aber gleichzeitig ablaufen. So ist es meist nicht völlig falsch zu sagen, dass die Kruste beim Steak „karamellisiert“, allerdings ist diese Reaktion nicht allein für die Dunkelfärbung verantwortlich, sondern vornehmlich die oben erklärte Maillard-Reaktion.

Warum ist die Maillard-Reaktion kulinarisch so bedeutsam?

Vereinfacht gesagt sorgt die Maillard-Reaktion – egal an welchem Lebensmittel sie abläuft – für eine Intensivierung und Abrundung des Geschmacks. Am Beispiel Fleisch lässt sich das sehr gut nachvollziehen: Gekochtes (oder lediglich sous-vide gegartes und noch nicht angebratenes Fleisch) hat – speziell ohne Salz – ein sehr flaches und wenig charakteristisches Aroma. Das zeigt zum Beispiel der Vergleich zwischen einem gesottenen Tafelspitz und einem gegrillten Ribeye – obwohl beide grundsätzlich die selben Bausteine aufweisen. Bei Kontakt mit ausreichend hoher Hitze setzt die Maillard-Reaktion mit all ihren kulinarischen Implikationen ein. Ganz entscheidend ist dabei die Tatsache, dass bei der Umwandlung von Aminosäuren während der Maillard-Reaktion Glutaminsäuren entstehen, die als natürliche Geschmacksverstärker fungieren. Es wird also Umami frei, jenes Aroma, das als würzig, fleischig und intensiv beschrieben wird und ein Gefühl geschmacklicher Tiefe erzeugt. Erst das Zusammenspiel aus der biochemischen Basis eines hochwertigen „rohen“ Lebensmittels und der Bräunungsreaktion an der Außenseite erschließt das vollständige kulinarische Potential von Produkten wie Fleisch. Ausnahmen wie klassischem Tafelspitz gibt es natürlich – dort ist der milde Geschmack ohne Röstaromen so gewollt.

Optimale Temperaturen für die Maillard-Reaktion

Um die Bedingungen für eine schnell ablaufende Maillard-Reaktion zu verstehen, lohnt der Vergleich zwischen dem Garen mit Wasser und Grillen/Braten mit trockener Hitze bzw. Fett. Gemüse oder Fleisch, das in Wasser gekocht wird, ist niemals braun und hat keine Kruste. Nach dem Sous-vide garen brät man Fleisch deshalb nochmal an, um den oben beschriebenen Effekt als Zusammenspiel von perfektem Gargrad und kräftiger Kruste zu erreichen. Warum kann im Wasser keine Maillard-Reaktion stattfinden? Wasser kann (außerhalb des Labors) eine maximale Temperatur von 100 Grad annehmen, dann verdampft es. Die Maillard-Reaktion setzt allerdings erst deutlich höher ein, sodass allein die natürliche Temperatur-Barriere von Wasser diese Reaktion ausschließt.

Ab Temperaturen zwischen 125 und 150 Grad (Angaben schwanken) ist eine Maillard-Reaktion grundsätzlich möglich, allerdings läuft sie in diesem Bereich noch extrem langsam ab. Beobachten lässt sich das bei einem Braten, der bei Niedertemperatur gegart wird oder einem gesmoketen Brisket. Nach vielen Stunden bei Temperaturen knapp über 100 Grad zeigen Bratenstücke auch bei diesen Temperaturen eine Braunfärbung, die ebenfalls auf die Maillard-Reaktion zurückzuführen ist. Steigen die Temperaturen, läuft die Reaktion exponentiell schneller ab. Ein weiterer entscheidender Faktor neben der reinen Temperatur ist dabei allerdings die Wärmeleitfähigkeit des erhitzenden Mediums. Dazu ein Beispiel: Bei einer Temperatur von 220 Grad im Ofen wird es etwa eine Stunde dauern, bis Fleisch eine annähernd dunkle Kruste aufweist. In einer Pfanne mit 220 Grad heißem Fett hingegen gelingt das binnen Sekunden. Warum ist das so?

Wärmeleitung als entscheidender Faktor

Was ist Wärmeleitung? Vereinfacht gesagt beschreibt die Wärmeleitung die Aktivität (das schnelle Bewegen) der Moleküle in einem Medium. Ist sie besonders stark, regt sie die Moleküle eines angrenzenden Mediums ebenfalls zur schnellen Bewegung an. Je schneller die Bewegung, desto heißer wird dieses Medium. Verschiedene Wärmeleitmedien haben unterschiedlich starke Wärmeleitfähigkeiten. Die Wärmeleitfähigkeit ist stark von der Porigkeit, dem Wassergehalt und der Dichte eines Stoffs abhängig. Das bedeutet konkret: Je leichter, luftiger und trockener ein Stoff ist, desto geringer ist seine Wärmeleitung.

Diese wissenschaftlichen Grundlagen erklären nun auch, warum es deutlich schwerer ist, mittels heißer Luft eine grandiose Kruste zu erzeugen, als mit heißem Fett, einer gusseisernen Pfanne oder einer Plancha auf dem Grill. Optisch lässt sich das Phänomen auch durch das Grill-Muster eines Rosts nachvollziehen. An jenen Stellen, an denen das Fleisch mit dem Edelstahl- oder Gussrost (hohe Wärmeleitfähigkeit) in direktem Kontakt stand, hat die Maillard-Reaktion deutlich sichtbar stattgefunden, während jene Bereiche, die nur mit heißer Luft im Grill in Verbindung standen, noch keine Maillard-Reaktion zeigen. Diese Stellen würden zwar nach 20-30 Minuten auch dunkel werden, allerdings wäre das Steak dann übergart und die Bereiche mit Rostkontakt längst verbrannt. An dieser Stelle sollte man auch erwähnen, dass im Bereich der Oberhitze-Grills eine weitere Form der Hitze-Übertragung zur Anwendung kommt – und zwar die Infrarotstrahlung, die durch reflektierende Keramikplatten verstärkt wird. Sie gehört zu den effizientesten Auslösern der Maillard-Reaktion mit Temperaturen von 800-900 Grad. Bleiben wir in diesem Fall aber bei „haushaltsüblichen“ Methoden.

Die Wahl des richtigen Fetts

Ähnlich wie Edelstahl oder Gusseisen hat auch Fett extrem gute Wärmeleiteigenschaften. Die hat übrigens auch Wasser, allerdings reichen hier die erreichten Temperaturen nicht aus. Bleiben wir also bei Fett als ideales Medium, um in kurzer Zeit hohe Temperaturen an das Gargut weiterzugeben: Fett lässt sich in den besten Fällen auf bis zu 220 Grad erhitzen. Dazu braucht man allerdings unbedingt ein hitzestabiles Fett mit einem möglichst hohen Rauchpunkt. Nur wenige Fette im Supermarkt-Regal erfüllen diese Kriterien. Ideal sind Fette, die explizit zum Einsatz in einer heißen Pfanne konzipiert wurden. Das sind immer raffinierte Pflanzenfette, entweder aus einer einzigen Fett-Quelle wie Rapskernen oder Sonnenblumenkernen oder in einer speziell ausgeklügelten Zusammensetzung aus verschiedenen Fetten. Biskin Extra-Heiß (Werbung, da Fleischglück-Partner) ist eines jeder Fette, das hohen Temperaturen standhält und so bis zu 220 Grad heiß werden darf. Bei dieser Fett-Temperatur beginnt die Maillard-Reaktion am Fleisch innerhalb von wenigen Sekunden.

Fette, die sich nicht eignen, sind alle kaltgepressten Fette, wie zum Beispiel Haselnussöl, Walnuss, Avocadoöl, Leinöl, kaltgepresstes Olivenöl und alle anderen Fette, die klassisch zum Aromatisieren von Salaten verwendet werden. Auch unter den raffinierten Ölen – und damit grundsätzlich erhitzbaren Fetten – gibt es Unterschiede im Rauchpunkt. Daher lohnt es sich nach einem geeigneten Bratfett Ausschau zu halten – Hitzestabilität ist essentiell, wenn es um eine erfolgreiche und vor allem zügige Maillard-Reaktion geht.

Warum ist es so wichtig, dass die Maillard-Reaktion so schnell einsetzt?

Speziell bei der Zubereitung von Steaks ist es essentiell, dass die Maillard-Reaktion möglichst schnell abläuft. Der Hintergrund ist simpel: Es sollte unbedingt vermieden werden, das Fleisch zu lange hohen Temperaturen auszusetzen. Innerhalb kürzester Zeit dringt die Hitze bei guter Wärmeleitung auch ins Innere des Fleischs ein und „zerstört“ dadurch wertvolle Anteile des Steaks, die wir eigentlich gerne in perfektem Gargrad genießen wollen. Es entsteht dabei jener graue Rand am Steak, den es tunlichst zu vermeiden gilt, will man das kulinarische Potential eines guten Steaks voll ausschöpfen.

Zusammenfassung: Die drei wichtigsten Faktoren für die Maillard-Reaktion

  1. Hitze: Welche Parameter müssen also gegeben sein, damit die Maillard-Reaktion möglichst rasch und damit auf eine Art und Weise abläuft, die den Gargrad weitestgehend erhält? Fassen wir sie noch einmal zusammen: Zum einen muss gewährleistet sein, dass die Hitze so hoch wie nur möglich ist. Unabhängig davon, ob man also am Grill, an der Pfanne oder am Oberhitzebrenner steht, gilt die Devise: Hol‘ die maximal mögliche Temperatur aus deinem Gerät raus. Heize also die Pfanne und das Fett bis kurz vor dem Rauchpunkt auf. Heize den Grill so vor, dass der Rost glühend heiß wird und gib dem Oberhitzebrenner ein paar Minuten Vorlauf. Hitze ist zentral, um den Ablauf der Maillard-Reaktion und so die Einwirkzeit der Hitze auf das Fleisch möglichst kurz zu halten.
  2. Fett: Fett am Fleisch ist in jedem Fall ein sinnvoller Helfer bei der Maillard-Reaktion. In der Pfanne arbeiten wir ja ohnehin mit Fett, aber auch auf dem Grill verstärkt Fett am und im Fleisch den Maillard-Effekt, da es für eine optimierte Wärmeleitung vom Medium an die Außenseite des Fleischs sorgt. Stark marmoriertes Fleisch hat dieses Fett quasi schon „eingebaut“, bei magerem Fleisch hilft es, das Fleisch mit einem Film hocherhitzbaren Fetts einzupinseln.
  3. Wenig Feuchtigkeit: Der dritte Punkt spielt nur dann eine Rolle, wenn man keinen Oberhitzebrenner besitzt: Tupfe dein Fleisch vor dem Braten/Grillen ab, sodass es keinen Feuchtigkeitsfilm aufweist. Wie wir gelernt haben, kann sich Wasser nicht auf die notwendigen Temperaturen für die Maillard-Reaktion erhitzen, sodass dieses Wasser erst komplett verdampfen muss, bis die Reaktion einsetzen kann. SO verliert man – vor allem auf dem Gasgrill – wertvolle Zeit. In der Pfanne sorgt Wasser an der Außenseite für unangenehmes Spritzen und für eine Abkühlung des Fetts in der Pfanne. Lediglich im Oberhitzegrill mit seinen 800 Grad verdampft das Wasser innerhalb so kurzer Zeit, dass es im Grunde keine Rolle spielt.
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6 Comments
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Peter Richter
3 Jahre zuvor

Toller Bericht

Admin
David Seitz
3 Jahre zuvor
Reply to  Peter Richter

Danke Peter, das freut uns! Liebe Grüße, David von Fleischglück

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1 Jahr zuvor

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