Saucenkunde – von Fond bis Demi Glace
Eine vollmundige Sauce bildet das Grundgerüst vieler Gerichte. Denn mit ihr steht und fällt oft die gesamte Komposition auf dem Teller. Deshalb haben wir uns gefragt: Wo liegen überhaupt die Unterschiede zwischen Fond, Brühe, Jus und Co.? Und welche Eigenschaften muss die flüssige Beigabe mitbringen, um den Geschmack des Fleisches optimal zu unterstreichen?
Am Anfang war die Brühe
Um die Systematik der Saucen zu verstehen, muss man einen Blick auf ihren Ursprung werfen. Denn die ersten standardisierten Würzsaucen gab es bereits im Mittelalter. Sie erinnern im Geschmack und ihren Einsatzmöglichkeiten eher an Soja- oder Fischsauce. Unser heutiges Verständnis einer Bratensauce hingegen stammt aus der moderneren Haute Cuisine der französischen Küche und ist um einiges komplexer. Unser Fokus liegt vor allem auf den gekochten Grundsaucen auf Basis von Wild, Geflügel, Lamm, Schwein und Rind bzw. Kalb. Die Bandbreite reicht hier allein schon von klar bis sämig gebunden, über intensiv dunkelbraun bis hell und dezent im Aroma.
Als Basis für diese Palette an purem Umami dient in der Regel ein flüssiger Auszug, gewonnen aus Knochen und/oder Fleisch. Eine klassische Mirepoix unterstützt dabei meist zusätzlich die Geschmackskonzentration der Fleischbrühe. Um noch mehr Tiefe und Farbe zu erlangen, wird zudem mit Röstaromen vom Knochenansatz gearbeitet. Mit Hilfe von mehreren Stunden der Reduktion und der Zugabe von Wein und Gewürzen (kein Salz), erlangt man unterschiedlich intensive Aromenstufen.
Was zeichnet die perfekte Bratensauce aus?
Eine rundum gelungene Sauce kann pures, flüssiges Küchengold sein. Doch um sich diesen Titel zu verdienen, muss sie einige Voraussetzungen erfüllen. Angefangen bei einer deutlich wahrnehmbaren Geschmacksdichte, über die richtige Viskosität, bis hin zur Balance aus Süße, Säure und Salzigkeit. Aber um auch wirklich alle Sinne anzusprechen, darf natürlich ein seidiger Glanz nicht fehlen. Und der hocharomatische Duft, welcher schon bei der Herstellung die gesamte Küche erfüllt und mit jeder Stunde auf dem Herd an Intensität gewinnt, rundet das Gesamtbild schließlich ab.
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Der Schlüssel zum Saucenolymp
Wer mit seiner Sauce neue kulinarische Dimensionen erreichen will, braucht neben guten Grundzutaten vor allem Zeit. Denn für das sorgsame Konzentrieren der Grundbrühe gibt es keine Abkürzung. Je nach gewünschter Komplexität kann die Zubereitung von 6 bis zu 24 Stunden andauern. Nur so kann genügend Umami erzeugt werden, um einen dichten und ausbalancierten Geschmack zu erzeugen.
Die perfekte Grundlage dafür bieten starke Röstaromen, die unter hohen Temperaturen im Ofen oder beim Anrösten im Topf entstehen. Dabei ist es nur ein schmaler, aber fließender Grat zwischen wohlig karamelligen Röstspuren und unangenehmen Bitternoten. Bis zu einem gewissen Punkt kann man diese mit zusätzlicher Süße aus Wein, gebräunten Zwiebeln und geröstetem Tomatenmark ausgleichen.
Stufe 1 – Fond/Bouillon
Unsere einfache Grundbrühe bildet das Fundament für eine perfekte Sauce. Stets angesetzt mit kaltem Wasser, wird beim sanften Köcheln über mehrere Stunden hinweg der pure Geschmack aus den Zutaten gekitzelt. Damit dem nichts im Wege steht, darf die Flüssigkeit zuvor auf keinen Fall gesalzen oder gezuckert werden, da sonst die Aromen in Fleisch und Knochen eingeschlossen bleiben. Der Fleischsaft muss entzogen und an die Kochflüssigkeit abgegeben werden, um eine geschmackvolle Brühe zu erhalten.
Und hier noch das Rezept für die perfekte Basisbrühe vom Rind.
Stufe 2 – Consommé
Die geklärte oder auch doppelte Kraftbrühe ist die geschmackliche Essenz unseres Fonds. Dafür wird die Bouillon unter Zugabe von gewolftem Klärfleisch und Suppengemüse noch mehrere Stunden geköchelt und reduziert, wobei sich ihr Eigengeschmack nochmal um ein Vielfaches verstärkt. Im nächsten Schritt werden Fett und Trübstoffe durch mehrfaches Abschöpfen und Abseihen durch ein feines Tuch entfernt. Dadurch kommen die komplexen Aromen noch besser zur Geltung. Ein Rezept für eine geschmackvolle Ochsenschwanz-Consommé findet ihr übrigens gleich hier.
Stufe 3 – Jus
Der konzentrierte Fleischfond treibt die Sensorik unserer Geschmacksknospen auf das nächste Level. Die traditionelle Jus wird aus gerösteten Kalbsknochen und Kalbsfleischabschnitten, in Kombination mit Wurzelgemüse auf Basis eines bereits geklärten Kalbsfond angesetzt. Die Methode kann aber auch auf Lamm, Rind, Schwein und Geflügel übertragen werden. Besonders charakteristisch ist die an Gelee erinnernde Konsistenz nach dem Erkalten. Durch das lange Auskochen der Knochen und bindegewebshaltigen Fleischstücke wird eine Menge Kollagen freigesetzt, welches für die cremige Textur sorgt. Einen kleinen Einblick in die Freisetzung der Gelatine beim Kochen findet ihr in diesem Artikel.
Stufe 4 – Demi Glace
Die Königin unter den Grundsaucen wird auch als Kraftsauce bezeichnet. Sie überzeugt mit einer unvergleichlichen Tiefe und dem höchsten Maß an konzentrierten Umami. Im Vergleich zu Fond, Consommé und Jus wird sie am längsten eingekocht. Auf Basis eines dunklen Fonds wird ein möglichst kräftig gerösteter Knochenansatz zusammen mit der klassischen Mirepoix angesetzt. Es folgen bis zu 12 Stunden des Simmerns. Um die Intensität zu multiplizieren kann parallel ein dunkler Rot- oder Portwein reduziert und später der Basis für die Sauce zugefügt werden. Nach einigen weiteren Stunden erreicht das Procedere seinen Höhepunkt, wenn die Reduktion eine dickflüssige, fast sirupartige Konsistenz erreicht hat.
Wie mache ich Grundsaucen haltbar?
Betrachtet man den Aufwand, der für die Herstellung einer guten Sauce notwendig ist, wird schnell klar, dass einiges an Vorbereitungszeit nötig ist. Zeit die im Alltag oder bei der Zubereitung eines Menüs oft schlichtweg fehlt. Meist lohnt sich die Prozedur deshalb erst ab einer Herstellung in größeren Mengen, die dann portionsweise nur noch bei Bedarf zum Einsatz kommen. Doch wohin dann mit den kostbaren Saucenvorräten?
Eine schnelle und einfache Möglichkeit das flüssige Umami in Saucenform haltbar zu machen, ist der Gefrierschrank. Die abgekühlte Grundsauce wird in kleinen Rationen in Eiswürfelformen gegeben und später auf die Minute erwärmt und weiterverarbeitet. Damit die Haltbarkeit nicht beeinträchtigt und ein späteres Gerinnen beim Aufwärmen vermieden wird, sollte die Sauce vor dem Einfrieren immer entfettet werden. Um Platz zu sparen und eine Verfälschung des Geschmacks zu vermeiden, sollte man die Saucenwürfel nach dem Erhärten außerdem in ein verschließbares Gefäß umlagern. So sind sie bedenkenlos mehrere Monate haltbar.
Die zweite moderate Methode einen Saucenvorrat anzulegen, ist das Einkochen. Altbewährt können fertige Fonds, Jus und hochkonzentrierte Reduktionen in sterilen Einmachgläsern ab einer Temperatur von 80°-100°C eingekocht werden. Um eine lange Haltbarkeit zu garantieren ist vor allem gründliches Arbeiten gefragt. Die Glasränder, Deckel und Gummiringe müssen unbedingt sauber bleiben. Nach dem Einkochen sollten die Saucengläser keiner direkten Sonneneinstrahlung ausgesetzt und möglichst kühl gelagert werden. Dann ist der heimische Saucenvorrat bis zu einem Jahr haltbar und jederzeit einsatzbereit.
Grundsätzlich dürfen die Saucen keinerlei Bindemittel wie Mehl, Stärke oder Milchprodukte enthalten, da sich diese negativ auf die Haltbarkeit und spätere Konsistenz nach dem Erwärmen auswirken.
Autorin – Isabella Wenzel
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