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Das Wagyū – ein Portrait über die begehrteste Rasse der Welt

Das Wagyū – ein Portrait über die begehrteste Rasse der Welt

Die Rinderrasse Wagyu zählt zu der begehrtesten und exklusivsten der ganzen Welt. Dabei steht der Begriff Wagyū nur für die Sammelbezeichnung vier verschiedener Rassen von japanischem Ursprung, die schon seit Jahrhunderten gezüchtet werden. Nicht zu verwechseln mit dem sogenannten Kōbe-Rind, das einer Art geschützter Ursprungsbezeichnung unterliegt. Nur reinrassige Tiere, die einen bestimmten Auswahlprozess überstehen, dürfen den Herkunftsnamen tragen.

Was macht das Wagyū so besonders?

Das Hauptaugenmerk bei diesen speziellen Wiederkäuern liegt ganz klar auf der starken Marmorierung des Fleischs. Denn die Rinder können wie keine andere Rasse eine gleichmäßige Fetteinlagerung von über 40% Fettanteil im Muskel bilden. Wobei dieser genetische Aspekt maßgeblich durch die Fütterung und Bewegung beeinflusst werden kann. Die wichtigsten Vertreter der Rasse sind:

  • Tajima oder auch Kuroge (schwarze Grundfarbe)
  • Akaushi (braune bis rotbraune Grundfarbe)
  • Shorthorn (Kurzhornrasse)
  • Polled (hornloses Rind)

Der Status von Wagyūfleisch als Delikatesse manifestierte sich in den vergangenen Jahrzehnten durch das auferlegte Exportverbot der Japaner. Demnach durfte bis zum Jahr 2014 kein Rindfleisch aus Japan exportiert werden. Da man die kostbare Rasse dort zum Kulturgut erklärte, sollte bis 2010 nicht einmal Genmaterial (in Form von Sperma oder Embryonen) das Land verlassen. Die weltweite Verbreitung war somit lange Zeit nur durch einige wenige Wagyū-Rinder möglich, die man zu wissenschaftlichen Zwecken in den 90-er Jahren in die USA brachte. Mit ihnen wurde der Grundstein für eine internationale Zucht gelegt.

Wagyū

Die wichtigsten Eigenschaften vom Wagyū

Ursprünglich diente die Rasse der Wagyūs als Arbeitsrind auf dem Reisfeld und im Bergbau, bis sich der Fokus bei der Zucht auf eine besondere genetische Komponente verlagerte. Denn vor 1868 wurden die Tiere nur selten gekreuzt, da man sie aufgrund buddhistischer Gesetze als reine Arbeitstiere hielt. Der Verzehr von Rindfleisch war demnach untersagt. Erst mit dem Rückgang der landwirtschaftlichen Arbeit bemerkte man, dass die Rinder, wenn sie nicht im Einsatz waren, enorme Mengen intramuskuläres Fett bildeten. Darüber hinaus sind ihre markantesten Eigenschaften:

  • leichter Kopf und feine Gliedmaßen
  • hohe Fruchtbarkeit
  • gute Muttereigenschaften
  • eher scheue Tiere
  • ruhiges Temperament
  • weidetauglich

Wichtigste Merkmale:

  • starke Neigung zur Verfettung
  • Größe und Wuchs
  • gute Fleischausbeute
  • zuverlässige Zuchttiereigenschaften

Wagyu

Aufzucht – Fütterung – Qualität beim Wagyū

Durch verschiedene Kreuzungen und Untergruppen wird der sonst eher kleine Genpool der speziellen Rasse erweitert. Der Anspruch zielt dabei auf eine klein- bis mittelrahmige Fleischnutzungsrasse ab. Während vor allem die Veranlagung zur Fetteinlagerung im Muskelgewebe erhalten werden soll.

Ebenso bei der weiterführenden Zucht der Rinder erhalten bleiben:

  • kräftige Statur
  • meist schwarzes, kurzes, glattes Fell (vereinzelt auch rotbraune Verfärbungen)
  • dunkelbraune bis schwarze Klauen
  • nur mäßig gekrümmte Hörner

Eine weitere Besonderheit der Rasse ist ihre sehr späte Schlachtreife von etwa 36 Monaten. Wagyūs wachsen deutlich langsamer als andere Fleischrinderrassen, was sie aus rein ökonomischer Sicht zu einer der ineffizientesten macht. Zudem muss eigens zusammen gestelltes Kraftfutter auf Basis von Rüben, Getreide und Biertreberer eingesetzt werden, um die genetische Veranlagung der Rinder zu unterstützen. Dabei schwört jeder Züchter auf seine eigene Zusammensetzung. Fakt ist: Wagyū-Mast ist meist kostspielig. Nur wer über ein gut ausgebautes Vermarktungskonzept verfügt, kann diese Ausgaben refinanzieren.

Im Vergleich zu den USA und Australien ist der Zuchtansatz im deutschsprachigem Raum noch blutjung. Doch mit einem Verband von mittlerweile über 150 Züchtern und Haltern kann er sich durchaus sehen lassen. Auch hier gibt es inzwischen die sogenannten Fullblood-Wagyūs – damit bezeichnet man zur Unterscheidung aus der schieren Masse die Rinder von reinrassiger Abstammung. Der größte Unterschied zum japanischen Original liegt aber in der Haltungsform. Während im Herkunftsland der Rasse vor allem auf den dortigen Standard der Fleischqualität hingearbeitet wird (was nur mit wenig Bewegung und langer Intensivmast möglich ist), will man in Deutschland in vielen Betrieben Tierwohl und Qualitätsansprüche miteinander vereinen. Dabei entsteht ein ausbalanciertes Fett-Fleisch-Verhältnis mit höchstem Genusspotential. Ein Vorreiter dieses deutschen Ansatzes ist Lucki Maurer, den wir im Rahmen unserer Epic Meat Tour besucht haben.

Wagyū

Wagyū-Mythen im Check

In den Medien kursiert nach wie vor ein Bild von Wagyū, das auf Mythen und Klischees basiert. Die Vorstellung von verhätschelten Luxusrindern hält sich dadurch hartnäckig. Doch hinter dem Hype um die außergewöhnlichen Aufzuchtmethoden der Tiere, steckt ein werbewirksames Touristenspektakel. Im Zuge der in Japan durchgeführten Schönheitswettbewerbe, bei denen die Tiere zu Höchstpreisen um ein kleines Vermögen versteigert werden, entstanden auch die Mythen.

Bei der Masse an Zuchttieren wird schnell klar, dass nicht jedes einzelne Tag für Tag mit Sake massiert und mit Bier getränkt werden kann. Stattdessen setzt man eher Treber aus der Bierherstellung als reichhaltigen Bestandteil im Mastfutter ein. Und eine elektronische Massagerolle findet sich heutzutage auch auf Höfen mit weniger außergewöhnlichen Rinderrassen. Aufgrund der begrenzten landwirtschaftlichen Flächen auf der Insel, verbringen die meisten Wagyū-Rinder ihr Leben in Ställen und bekommen nur selten freien Auslauf. Auch die berühmte klassische Musik fällt wohl eher unter die Kategorie Märchen und hat keinen speziellen Einfluss auf die Fleischqualität.

Wagyū

Faszination Marmorierung

Der Hype um die konkurrenzlose Zartheit des Fleisches der Wagyū-Rinder ist inzwischen weltweit verbreitet. Und natürlich hat die intensive Maserung aus gustatorischer Sicht einen Reiz: Die feine Fettverteilung bricht die Struktur der Fleischfasern auf und sorgt damit für den starken Schmelz, der das Wagyūfleisch so einmalig macht. Somit wird der ausgeprägte Marmorierungsgrad zum Alleinstellungsmerkmal. Gemessen am sogenannten Beef-Marbeling-Score (BMS) liegt das Kultfleisch im oberen Bereich von 6-8 (0 = extrem mager – 12 = maximaler Fettanteil) und wird nur noch vom Kōbe-Beef getoppt. Hier wird die Zartheit zur Königsdisziplin.

Für viele Fleischfans ist Kobe-Beef durch diesen extremen Schmelz das beste Fleisch weltweit. Dabei sollte man allerdings die Begleiterscheinungen nicht ausblenden: Die maximale Marmorierung verringert den Biss und gleichzeitig den Eigengeschmack des Fleisches. Dabei verfolgt die japanische Aufzucht einen ganz eigenen Ansatz. Hier steht der Schmelzpunkt als Prädikatszeichen an erster Stelle. Um große Mengen an zartschmelzendem Fett zu erreichen, muss die natürliche Verfettung der Tiere zusätzlich durch ein möglichst geringes Maß an Bewegung und entsprechend einseitige Fütterung unterstützt werden. Ähnlich wie bei einer Intensivmast soll ein Maximum an Premiummaterial am Tier wachsen. Das wiederum bedeutet, dass möglichst viele Teile vom Rind durch den gesteigerten Fettanteil so zart sind, dass sie sich zum Kurzbraten eignen. Diese extreme Form der Fleischproduktion in Japan geht allerdings mit klaren Einbußen in Sachen Tierwohl einher. Mehr dazu findest du in diesem Artikel.

Du willst dich intensiver mit dem Deutschen Wagyu und den deutschen Zuchtansätzen beschäftigen? Hier findest du unseren ausführlichen Artikel zum Thema Deutsches Wagyu.

 

Autorin – Isabella Wenzel

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