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Mythen im Check: Wie lange muss ein Steak wirklich ruhen?

Mythen im Check: Wie lange muss ein Steak wirklich ruhen?

Ruhen lassen – ja oder nein und wenn ja, wie? Diese Frage bekomme ich sehr oft gestellt. Die Frage ist wissenschaftlich nicht final geklärt, im Buch „Die Wissenschaft des Grillens“ von Meatheat Goldwyn wird sogar gesagt, dass es keinen messbaren Unterschied in Sachen Fleischsaftverlust gibt, egal, ob man Ruhen lässt oder gleich nach dem Grillen anschneidet. Ich bin jedoch anderer Meinung: Gemessen habe ich es tatsächlich noch nie, aber aus der Erfahrung der letzten fast 20 Jahre und mit dem Wissen über den Aufbau eines Muskels und die biomolekularen Vorgänge beim Garen, ergibt es für mich einfach Sinn, ein Steak nach dem Grillen ruhen zu lassen.

Warum muss ein Steak nach dem Braten überhaupt ruhen?

Nun stellt sich natürlich die Frage nach dem „Warum“? Fleisch besteht aus Muskelfasern, die sich zu Muskelbündeln zusammenschließen, woraus sich letztendlich ein Muskel zusammensetzt. Wenn sich die Muskeln dann unter Hitzeeinwirkung zusammenziehen, ballt sich das Steak zunächst einmal auf. Das passiert, weil das Eiweiß, das wiederum den Großteil der Muskelfasern ausmacht, denaturiert und somit seine Struktur verändert. So wird Feuchtigkeit, die zwischen den Eiweißen und auch zwischen den Muskelfasern gelagert war, herausgedrückt. Dort wo die Hitze größer ist, wird also auch weniger Feuchtigkeit sein. Das Fleisch wird in diesen Bereichen trockener. Ganz extrem wird es dann, wenn das Fleisch ab ca. 65 Grad Celsius beginnt, grau zu werden. Das ist speziell am Rand der Fall, wenn das Fleisch zu lange der direkten Hitze ausgesetzt war. Diesen „Trauerrand“ gilt es deshalb möglichst dünn zu halten. Wie bereits in diesem Artikel über Fleisch und Zimmertemperatur erklärt, hilft es dabei, wenn das Fleisch nur für kurze Zeit hoher Hitze ausgesetzt wird, so dass die Kruste sehr schnell entstehen kann. Kaltes Fleisch wirkt als zusätzlicher Puffer gegen diesen Trauerrand.

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Kontrolle mit Kerntemperaturmesser

Wenn das Steak dann vom Grill genommen wird, wird sich die Temperatur, die von außen zuletzt auf das Steak gewirkt hat, noch weiter in die Mitte arbeiten, denn die Hitze ist in der Kruste gespeichert und strahlt auch in den folgenden Minuten nach innen ab. Das heißt das Fleisch gart immer noch nach. Eine Zeitangabe zur Ruhezeit zu geben, ist fast unmöglich, weil es zu viele Faktoren gibt, die darauf Einfluss haben. Dazu gehören zum Beispiel Rasse, Geschlecht, Schlachtalter, Reifemethode, Grilltemperatur, um nur ein paar zu nennen. Doch es gibt eine Methode, die Sicherheit ermöglicht. Wenn ein Kerntemperaturfühler verwendet wird, wozu ich auf jeden Fall rate, dann sollte der auch beim Ruhen im Fleisch verbleiben. Die Ruhezeit ist beendet, wenn die Kerntemperatur nicht mehr steigt. Denn dann hat sich die Temperatur im ganzen Stück Fleisch ausgeglichen. Dann gibt es keine Stelle mehr, in der sich Fleischsäfte gebündelt haben und noch zirkulieren.

Die letzten zwei Grad gewinnt das Fleisch beim Ruhen

Wenn man hier zwei Steaks direkt vergleicht –  das eine, das gerade vom Grill kommt und eines, das schon ein paar Minuten geruht hat – kann man erkennen, dass das geruhte Stück etwas flacher, also auch entspannter ist. Das deutet darauf hin, dass sich die Fleischsäfte wieder gleichmäßig verteilen konnten. Meine Empfehlung ist, den Kerntemperaturfühler bei einer Temperatur 100-120 Grad Celsius beim Garziehen im indirekten Bereich, auf zwei Grad Celsius unter der gewünschten Zieltemperatur einzustellen. Die verbleibenden 1-2 Grad wird das Steak beim Ruhen noch dazu gewinnen und wir haben bei der gewünschten Kerntemperatur eine gradgenaue Punktlandung.

Wie lässt man Fleisch am besten Ruhen?

Ich empfehle einen vorgewärmten Teller oder ein Schneidebrett, weil hier die Wärme nicht entzogen wird. Im Sommer, wenn die Außentemperaturen hoch genug sind, kann man es auch draußen machen. Bei Wind macht ein hohes Behältnis Sinn, damit die Wärme nicht „weggeweht“ wird. Abdecken beim Ruhen ist eher nachteilig, denn wenn eine krosse Kruste entstanden ist, würde Kondenswasser entstehen, das die Kruste wieder aufweichen kann.

Mehr aufgeklärte Steak-Mythen findet ihr hier

Unser Experte: Tobias „Cätschi“ Brockard

Tobias Brockard ist staatlich geprüfter Lebensmittelverarbeitungstechniker und grillt seit über 18 Jahren auf höchstem Niveau. Er gibt Schulungen, Seminare und Steaktastings, berät Metzger und hat ein tiefes Netzwerk in der Fleischbranche. Mit seinem Wissen über biochemische Vorgänge bei der Verarbeitung, Veredelung und Zubereitung von Fleisch, liefert er auf Fleischglück.de überraschende Einblicke in die Welt des Fleischgenusses. Mehr über Tobias Brockard und seine Tasting-Reihe Grill n‘ Taste, findet ihr hier.

Tobias will erklären, nicht desillusionieren: „Ich möchte nicht die Faszination des Grillens zerstören. Ganz im Gegenteil. Ich möchte mit meinem Fachwissen und meiner Erfahrung dazu beitragen, die Vorgänge zu verstehen und dadurch reproduzierbar zu machen. Es ist doch so, dass man Dinge einfach tut, ohne sie zu hinterfragen.  An diesem Punkt setze ich an“.

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Roastbeef im Ofen - rosa gegart und traumhaft saftig
4 Jahre zuvor

[…] Um den perfekten Gargrad eines Roastbeefs im Ofen zu erreichen, kann nan zwei klassische Methoden anwenden. Die erste Variante ist vor allem für Anfänger geeignet, da hier auf die technische Präzision eines Fleischthermometers gesetzt wird, um die Temperatur stetig zu kontrollieren. Es braucht also keine große Erfahrung, nur etwas Geduld und das richtige Timing. Wer sein Fleisch perfekt rosa haben möchte, sollte auf jeden Fall die Kerntemperatur von 55°C nicht überschreiten. Eine Alternative wäre das noch präzisere Garen im Sous-vide Becken. Am besten holt man den Braten sogar schon kurz davor aus dem Rohr, da er durch die Resthitze… Weiterlesen »

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3 Jahre zuvor

[…] Genau wie beim Braten von Steaks, kann man den Garpunkt des Fleisches mit den Fingern ertasten, auch wenn das etwas Erfahrung erfordert. Ist es noch sehr weich und bleibt an der Druckstelle unverändert eine Delle zurück, ist es im inneren noch sehr englisch (roh). Federt es jedoch fast gummiartig zurück und fühlt sich eher fest an, ist der perfekte Augenblick es zu servieren schon verpasst. Es gilt die goldene Mitte abzupassen, während sich das Fleisch im Ofen entspannt – alles über die wichtigsten Kontrollmerkmale bei der Fleischruhe findest Du hier. […]